Wolfgang Petry verbindet man mit guter Stimmung, Party, Holzfällerhemden, jede Menge Freundschaftsbänder und einfach nur „Wahnsinn“ und „Hölle“. So heißt das Wolfgang-Petry-Musical auch „Wahnsinn!“, das nach der Premiere in Duisburg nun auch als kleine Geschmacksprobe nach Berlin ins Theater am Potsdamer Platz kam. Jetzt wird das Musical in Berlin bis zum 13. Mai 2018 gespielt und im Januar 2019 gastiert es für einen vollen Monat am Potsdamer Platz. Vor über 15 Jahren hat der Stimmungsschlagersänger die großen Bühnen verlassen und sich nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“ aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Einer der überhaupt erfolgreichsten deutschen Songwriter und Interpreten hat dann nur noch ein äußerst beliebtes Remix-Album seiner größten Hits herausgebracht.

Foto Promo: Manfred Esser
Ob man Wolfgang „Wolle“ Petry mag oder nicht, er hat Melancholie mit guter Partymusik par excellence kombiniert. Und genau das durfte man auch von dem Wolfgang-Petry-Musical erwarten, dass als „Das erste Party-Schlager-Musical der Welt“ angekündigt wurde. Das Publikum am Berliner Premierenabend war im Alter bunt gemischt. Vereint hat das Publikum, dass sie ausgelassene Party-Stimmung in Form eines Musicals erwartet haben dürften. Aber die Erwartungen wurden dann bis auf Ausnahmen eher enttäuscht. Die richtige Party-Stimmung kam erst in den letzten Minuten auf. Und das lag diesmal nicht am eher reservierten Berliner Publikum, sondern an der künstlerischen Anlage des kompletten Musicals. Als Party-Stimmung-Petry-Fan kann ich nur sagen: Sehr schade! Die letzte Viertelstunde hat gezeigt, dass die Musical-Macher auch sehr gut Petry-Party-Stimmung machen konnten, es sicher auch wussten was das Publikum erwartet, aber es offensichtlich nicht wollten. Die Grundanlage des Musicals hat nichts, zumindest fast nichts, mit der Ausgelassenheit im Sinne der Petry-Hits und eines Petry-Konzertes zu tun. Manchmal schimmert es durch, wenn der junge Tobi-Darsteller losrockt. Diese Anlage des Musicals mag künstlerisch wertvoll sein, dürfte aber die große Menge des Publikums enttäuscht haben. Denn Petry-Hits bedeuten noch heute ungebrochen, dass „Der Himmel brennt“… ; jedenfalls bei Partys mit Petry-Musik. Erst am Schluss war Gelegenheit, dass das Publikum mal aufstand, aufrichtig freudig mitklatschte und gerne richtig abgetanzt hätte. Die eher getragene Liederauswahl wäre sicher akzeptabel gewesen, wenn die schnellen Songs nur annähernd das Tempo und die Lebensfreude von Petry-Hits erreicht hätten.

Das handwerklich gut gestrickte Musical überzeugte durch einen sehr pfiffigen Ruhrpott-Wortwitz mit vielen filigranen und unterhaltsamen Anspielungen. Das Bühnenbild war variabel genial. Das Ensemble und die Darsteller hätten bei einer anderen Ausrichtung und Anlage des Musicals sicher auch noch ungeahnte Potentiale entwickelt. Die Band präsentierte die Musik sehr professionell.

Ein wenig erklärt den künstlerischen Ansatz der Music Supervisor: „… Gleichzeitig ist es aber auch ein Musical und nicht ein Wolfgang Petry Konzert. Deshalb haben wir viele Songs in ganz neue Richtungen weiterentwickelt und neu arrangiert, damit sie dramatisch in die Show passen, damit die Story unterstützen und Szenen bilden. Dafür geben wir weitere und neue Zutaten in die Musik. Wir haben sie umgearbeitet, neu arrangiert und erweitert…“ Genau dies ist es wohl auch, was weite Teile des Publikums als Schade empfinden dürften.

Zum Stück selbst: Vier Paare erleben eine Achterbahn der Gefühle im alltäglichen Beziehungs-WAHNSINN. Sie gehen durch die „Hölle“ und zurück, streiten und versöhnen sich, stehen sich selbst im Weg und wachsen über sich hinaus. Alltagstrott, Sehnsucht, Liebe und verpasste Träume. Ein Party-Schlager-Musical mit einer stattlichen Portion Romantik, ansteckender Leichtigkeit und großen Emotionen. Die ganze Handlung rankt sich um vier Paare aus drei Generationen. Der Regisseur erläutert das Stück mit vier Paaren aus drei Generationen: „Toby, der junge Musiker, ist der junge Wolfgang Petry, Wolf, der alte Romantiker, ist der alte Wolfgang Petry, der schon viel hinter sich hat. Und die Gefühle, die von den beiden Mittelalter-Paaren bedient werden, stehen genau für die Welt, die Wolfgang Petry besingt.“

Wolfgang Petry, der selbst an der Konzeption und am Zustandekommen des Musicals nicht wesentlich beteiligt war, ist offensichtlich mit dem Ergebnis zufrieden: „Wenn ich jetzt meine Songs in vielen Szenen sehe und in teilweise neuer Machart höre, dann passt es wirklich gut zusammen.“ Das Musical geht nicht um die Geschichte und Karriere des Sängers, aber es wurde viel aus dem Musikerleben aufgegriffen und in „netten Kleinigkeiten“ verarbeitet. Die Autoren erläutern, dass sie viele kleine Anekdötchen und Sätze aus Petrys Leben verarbeitet haben: „Es gibt viele Versatzstücke, es geht ja nicht um die Figur Wolfgang Petry, es ist eine eigene geschlossen Geschichte…“ Weiter führen sie aus: „Wir haben natürlich den Freundschaftsbändern eine große Rolle gegeben, der Kneipe Whiskey Bill (hier wurde der junge Wolfgang Petry entdeckt), wir haben ein Holzfällerfest erfunden, weil er immer dieses Holzfällerhemd trug.“

Die Erwartungen, wenn Wolfgang Petry Musik als Träger des Musicals benutzt wird, sind leider weitestgehend enttäuscht worden. Jedenfalls ganz subjektiv aus der Schreibersicht betrachtet. Einen kräftigen Abschlussapplaus gab es allemal. Es ist ein Musical, das auch Petry-Musik verarbeitet, aber halt kein wirkliches Wolfgang Petry Musical. Ein ganz eigener Ansatz! Eine gute Idee, die leider wenig von Wolfgang-Petry-Partylaune zeigte. Schön wäre, wenn man daran etwas drehen könnte und mehr Wahnsinn sichtbar werden würde.

Thomas Moser
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Foto Thomas Moser


 

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