Spannend, was sich so in einem Einfamilienhaus alles verbergen kann.


Ein Spielparadies für große Eisenbahnfans ist auf dem Dachboden des Hauses von Rainer Anders in Lichtenrade zu finden.

Modellbahnen selbst gebaut

Andere setzen sich zu Haus vor dem Fernseher. Rainer Anders ist eher in seiner Kellerwerkstatt zu finden.

Rainer Anders (62), der frühpensionierte Lehrer, ist Handwerker aus Leidenschaft und hat ein ganz besonderes Hobby. Er baut Eisenbahnmodelle der Spurweite IIm, oder bekannter als Spur G wie Gartenbahn, und alles was zu einer Modellbahn gehört. Häuser, Figuren, Straßenlaternen, Signale, Weichen und Landschaften: alles hat die ganz persönliche Note von Rainer Anders. Anders kauft sich nämlich nur die aller notwendigsten Materialien, meistens nutzt er Alltagsgegenstände, die sich in seinen Schatzkästen angesammelt haben.

Ausstellung war großer Erfolg

Erst im Februar hat er die Gartenbahnausstellung im Pfarrsaal der Salvator-Gemeinde mit seinen Prunkstücken bereichert. Hier bestaunten die Besucher seine selbstbebaute Rangierlok „Köf“, den Sanitätszug und besonders das Modell der Straßenbahn 99, denn diese fuhr noch bis September 1961 nach Lichtenrade.

Die „99“ hat er nach einem großen Vorbild, das jetzt an der Kleinmachnower Schleuse steht, als Modell gestaltet. Er hat hunderte Fotos gemacht, alles akribisch notiert und dann einen eigenen Bauplan erstellt. Die alten Schilder hat er von der echten Straßenbahn im Museums-Depot abfotografiert und dann so verkleinert, dass sie vom Original nicht mehr zu unterscheiden waren.

Mit der Modellbahn im Kreis fing alles an

Rainer Anders hat schon immer gerne gewerkelt und gebaut. So hat es sich selbst einen Sommergarten an sein Haus gebaut oder auch viele Möbelstücke liebevoll getischlert. Lehrer war Anders für Physik, Chemie und Arbeitslehre und konnte so auch seine handwerklichen Leidenschaften ein Stück weit in den Unterricht mit einbringen. Aber wie es dann früher oft war, wurde die erste Modellbahn gekauft, als ein Kind kam. Sein Sohn ist 1987 geboren und bald fuhr die Eisenbahn an den Wochenenden im Wohnzimmer immer im Kreis um sein Kind. Die Bahn musste jedoch, wie es in vielen Familien üblich war, immer wieder abgebaut werden. Dann kam die Überlegung, die Anlage auszuweiten und fest im Dachboden aufzubauen. Davon war auch sein Sohn begeistert und hat gerne mitgeholfen.

Der Dachboden ist 9 mal 3,50 Meter groß. Die Schienenlänge der 45 Millimeter-Anlage, wie sie heute fest installiert ist, hat Rainer Anders nie nachgemessen. Er schätzt sie auf circa 70 Meter.

Die Anlage ist wie eine kleine Stadt mit vielen Details. Ob es das Liebespaar ist, die blinde Frau und ihr Hund oder der pinkelnde Mann.

Alles wurde liebevoll gestaltet und die Eisenbahnen ziehen hier ihre großen Runden.

Kinderaugen würden übergehen und sicher wären auch computerverwöhnte Kids, zumindest die Kleineren, begeistert.

Einmal im Jahr: Die „Lira-Gängster“ zu Besuch

Einmal im Jahr bewundern die Anlage die „Lira-Gängster“, eine Gruppe von Männern, die sich jeden Monat treffen und in ihrem Eisenbahn-Modellbahnhobby schwelgen. Immer im Mai sind sie bei Rainer Anders. In diesem Jahr will er seine neue Dampflok vorführen. Zur Zeit ist sie noch im Bau und die meisten der 600 klitzekleinen Messingnieten sind verarbeitet. Man nennt sie auch „Hopsnieten“, weil sie immer weghopsen.


Materialkosten waren für das aktuelle Modell rund 100 Euro. Alles andere sind Materialien, die Rainer Anders im Laufe der Zeit gesammelt hat: „Wegschmeißen gibt es nicht.“ Als fertigen Bausatz würde man jedoch um die 2.500 Euro bezahlen müssen, weiß Anders zu berichten. Die Lok von Rainer Anders ist jedoch unbezahlbar, da er unendlich viele Stunden daran gewerkelt hat. Für jeden Winter nimmt sich Anders ein Modellbahnprojekt vor.

Der Künstler der Gartenbahner wird für die einmaligen Ergebnisse seiner Fummelei von seinen Eisenbahnkollegen anerkennend bewundert…vollkommen zu Recht!

Mit Ruhe und Gelassenheit

Das schöne beim Modellbau ist für Anders, dass immer wieder Schwierigkeiten und Überraschungen auftauchen: „Damit muss man leben und die Probleme eben lösen.“ Für Rainer Anders ist das Bauen das Interessante bei seinem Hobby. Rainer Anders strahlt dabei eine Geduld, Ruhe und Gelassenheit aus, die sicher auch beim Bohren von 600 Löchern und das Einbringen von Nieten notwendig ist. „Andere sitzen in der Kneipe und ich eben im Keller“, berichtet Rainer Anders über seine stundenlangen Modellbauaktivitäten.

Eine beeindruckende Gartenbahnanlage

Seine Anlage präsentiert er mit sichtlichem Stolz.

Den Inselbahnhof Eiswerder hat er nach Fotos gebaut. Jede einzelne Schindel wurde aus Birkensperrholz zugesägt und gefeilt.




Neben der „Köf“, der roten Rangierlok, zeigt Rainer Anders den „Glaskasten“, eine kleine Dampflok, die bis ins letzte Detail liebevoll nachgebaut wurde.



Ein weiteres Meisterstück ist der blaue Bauzug mit Kranwagen und der Schienenbus aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, der im Original von einem LKW umgebaut wurde. Viele weitere Dinge sind auf der Anlage zu entdecken, wie der Schweinewaggon oder die Streckenkontrolle als Schienenbus.

Fast alles wird selbst gebaut: „Fantasie ist notwendig“

Die Materialien zur Herstellung der Modelle sind hauptsächlich Polystyrol und Balsaholz. Für Schornsteine wird auch mal eine Spritze genommen oder umlackierte Knöpfe sind dann Lüfter. Rainer Anders ist bei seinen Ersatzmaterialien sehr erfinderisch. Die Gestänge der Dampfloks werden teilweise selbst aus Messing gefertigt. Auch komplizierte Drehgestelle hat der Modellbahnfummler Anders schon in seiner Werkstatt hergestellt. Die feinen Holzstrukturen bei den Eisenbahnanhängern ritzt er mit seinem Fingernagel ein. So ist der Modellbauer so manche Stunde mit schleifen, feilen und löten beschäftigt.

Für den Modellbauer sammeln seine Vereinskollegen alles Mögliche an Krimskrams, was ihnen in die Finger kommt. So wird eine Kappe für Feuerzeuggas zum Dampfdom für eine Lok, ein anderer Schornstein ist im ersten Leben ein Tischbein gewesen oder Zigarrenröhrchen sind ein Luftdruckkessel.

Die Modellbauten und Bahnen entstehen im Maßstab 1:22. Oft kann nur nach Fotos gebaut werden, da Baupläne nicht vorhanden sind. „Es kommt aber auch immer auf die richtigen Proportionen an. Dabei ist immer Fantasie notwendig, damit das Endprodukt auch gut aussieht,“ weiß Anders zu berichten.

Die Zukunft der Gartenbahn „Marke Eigenbau“

„Ich kann noch nicht sagen, was mit der Anlage passiert.“ Für Rainer Anders wird es immer schwerer, unter und über der Anlage im Spitzboden die notwendigen Arbeiten zu erledigen. Sein Sohn wird aus Platzgründen die Anlage nicht übernehmen können. Eine Möglichkeit sieht Rainer Anders darin, dass die Anlage mal in ein Museum kommt: „Ich weiß es aber wirklich noch nicht.“

Rainer Anders geht voll und ganz in seinem Hobby auf. Ein Leben ohne Eigenbau kann man sich bei Anders nicht vorstellen.

Thomas Moser (auch alle Fotos)Weitere Fotos:












Alle Fotos: Thomas Moser -BerLi-Press-


 

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