Berlin-Lichtenrade 11. Juni 2010

Das Gebäude des ehemaligen Dorfkruges in Lichtenrade soll wieder sinnvoll genutzt werden. Für den hinteren Teil des Gebäudes Alt-Lichtenrade 112 sucht die Eigentümerin Regina Lehne-Dannehl, eine direkte Nachkomme eines der ältesten Lichtenrader Bauerngeschlechter, noch nach Ideen und Konzepten. 
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Das denkmalgeschützte Haus, visavis der alten Dorfkirche, beherbergt seit einigen Tagen im vorderen ehemaligen Gaststättenbereich eine modern eingerichtete Gemeinschaftspraxis für Zahnmedizin und Kieferorthopädie. Nur der große Saal im hinteren Bereich wartet noch auf eine sinnvolle Nutzung.

Viele Lichtenrader können sich aus ihrer Jugend gut an den Dorfkrug als Diskothek erinnern. Zwischenzeitlich wurden die Räumlichkeiten für ein Tanzstudio genutzt. Viele Jahre lag jedoch das 1856 im historischen Ortskern erbaute Juwel im Dornröschenschlaf.

Mit insgesamt 250 Quadratmeter Gesamtfläche soll der Festsaal mit seiner Bühne nun für neue Nutzungen erschlossen werden. Die Eigentümerin kann sich hier Vieles vorstellen: „Denkbar sind weitere Arztpraxen. Auch ist eine künstlerische Nutzung bei den hohen Räumen vorstellbar oder ein Indoor-Spielplatz könnte das Lichtenrader Angebot erweitern.“ Frau Lehne-Dannehl hat viele Nutzungsideen, zum Beispiel als Kino, Musikschule, Lernladen oder Sportstätte für Tai-Chi oder Qigong. Es ist auf dem Grundstück auch eine Freifläche vorhanden. Besonders gut kann sich Regina Lehne-Dannehl aber eine Salzgrotte nach dem Vorbild der „Saltero-Salzgrotten“ ausmalen: „Im Innenbereich könnten Grotten gut zur Behandlung von Allergien, Haut- und Bronchialerkrankungen errichtet werden. Auf der Bühne kann ein kleines Café eingerichtet werden.“ Zur Ergänzung stellt sich die engagierte Lichtenraderin vor, dass in den historischen Räumen auch direkt eine Lungenfacharztpraxis eingerichtet wird. Ein Höhepunkt wäre natürlich noch, wenn das Heilwasser, das 1924 an der ehemaligen Mälzerei gefunden wurde, wieder erschlossen wird und für die Behandlung genutzt werden könnte. „Ich bin für jede seriöse Idee offen!“ erläutert Lehne-Dannehl.

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Regina Lehne-Dannehl vor dem Saal

Regina Lehne-Dannehl zerstreut auch die Bedenken, dass der Denkmalschutz geplante Projekte unmöglich macht: „Der Ausbau nach denkmalgeschützten Vorgaben konnte auch gut in der neuen Zahnarztpraxis umgesetzt werden.“ Da mit einigen Investitionen für den Mieter zu rechnen ist, lockt die Eigentümerin mit einem attraktiven Mietpreis.
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Die Hausherrin ist stolz auf ihren „Dorfkrug“: „Die schöne Fassade und der Charme des 19. Jahrhunderts sind durch regelmäßige Instandsetzungsmaßnahmen erhalten geblieben.“ Die in Lichtenrade aufgewachsene Hausherrin Lehne-Dannehl schaut sich gerne das viele historische Material und die alten Bilder an, die sie noch in den Räumen gefunden hat. So wird auch für die „Dorfkrug-Chefin“ die Geschichte ihres Anwesens noch mal lebendig. Der Blick auf den idyllischen Lichtenrader Giebelpfuhl ist dabei für sie wie Urlaub!

Es ist schön in Lichtenrade zu beobachten, dass sich viele Leute um die Erhaltung und Nutzung historischer Orte und Gebäude bemühen!

ToM –BerLi-Press/auch Fotos (www.berli-press.de) für www.lichtenrade-berlin.de


Aus der Geschichte des Dorfkruges:

Ein Dorfkrug einer „Witwe Dahms“ wird schon um 1700 erwähnt. 1675 heiratete ein Michael Koppe aus Schönefeld in Lichtenrade ein und machte sich hier als Kossät ansässig. 284 Jahre lebte das Geschlecht Koppe in Lichtenrade. Der Letzte, Otto Koppe (ein Onkel von Gustav Lehne), ist 1958 verstorben und auf dem alten Kirchhof begraben. Etwa 70 Jahre bewirtschaftete nach einer Aufzeichnung das Geschlecht Koppe den Gasthof, bevor die Familie Lehne, die durch Trauung am 9.2.1887 der Marie Koppe (einer Schwester von Otto Koppe) mit Gustav Lehne, das Anwesen übernahm.

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Bevor der Dorfkrug „Gasthaus Koppe“ 1856 erbaut wurde, eröffnete 1838 an dieser Stelle das erste Postamt in Lichtenrade. Von dieser Zeit an hielten die Dresdener und die Görlitzer Fahr- und Reitposten in Lichtenrade und Zossen.

Im Saal vom Dorfkrug fanden Turnstunden des VFL Lichtenrade statt, der 1894 als Verein für Leibesübungen gegründet wurde. „Gar lustig ist die Jägerei auf Lichtenrader Flur“, so sangen einst die Jäger, wenn sie nach der Hühner- oder Hasenjagd beim alten Nimrod Otto Koppe im Dorfkrug einkehrten.

Wie die Chronik zu berichten weiß, kam ab 1900 einmal wöchentlich der Berliner Arzt Schmidt in den Dorfkrug und hielt hier seine Sprechstunde ab. Der erste Arzt zog dann erst 1910 nach Lichtenrade.

1928 wurde an diesem Ort eine große Protestveranstaltung wegen der Überschwemmungsschäden organisiert. Der Magistrat von Berlin wurde in einer Resolution zur „Beseitigung des Notstandes“ aufgefordert. In diesem Jahr fand auch eine Protestveranstaltung gegen die Umbenennung von Straßen statt.

(Zusammengetragen von Thomas Moser – Lichtenrade-Website www.lichtenrade-berlin.de)

Historische Postkarte aus dem Archiv von Regina Lehne-Dannehl!

Begriffserläuterungen:

Nimrod: hebräisch Jäger

Kossäte: Ein Dorfbewohner, der als Gegenleistung für die Überlassung eines Hauses und eines Grundstücks für eigene Bewirtschaftung an den Grundherrn nicht nur Zinsen in bar und Naturalien (z. B. Hühner, Getreide), sondern auch Hand- und Spanndienste (z.B. Ernteeinsatzhilfe) leisten musste.

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