Mittlerweile hat es sich bei vielen Lichtenradern rumgesprochen: Es wird am 13. und 14. September zwei verschiedene Weinfeste in Lichtenrade geben.

Ein Weinfest findet in der Bahnhofstraße statt. Veranstalter ist das „Bürgerforum Zukunft Lichtenrade“. Das Bürgerforum arbeitet u. a. mit der „Händlerinitiative Bahnhofstraße“ und dem Unternehmernetzwerk Lichtenrade zusammen.

Ein weiteres Weinfest findet zeitgleich auf den Straßen am Dorfteich Lichtenrade statt. Hier ist „Family & Friends“ Veranstalter. Es findet eine enge Kooperation mit der „Aktionsgemeinschaft Bahnhofstraße“ statt, die bis 2012 diese Feste ausgerichtet hatten. Daher wird von diesem Veranstalter auch darauf bestanden, dass sie als „Original“ das 27. Weinfest präsentieren. Auch hier beteiligen sich weitere Initiativen und Vereine, zum Beispiel die Bürgerinitiative „Rettet die Marienfelder Feldmark“ und der Volkspark Lichtenrade.

Nun werden Baustadtrat Daniel Krüger Vorhaltungen gemacht, dass er überhaupt zwei Weinfeste bewilligt hat. Krüger weist die Vorwürfe zurück und macht auf die konkreten Abläufe und auch rechtlichen Notwendigkeiten aufmerksam (Ausführungen etwas weiter hinten).

Letztes Weinfest in der Bahnhofstraße

Letzter Maientanz am Dorfteich

Weinfeste werden zum Politikum

Es gab und gibt viele Streitereien und Schuldzuweisungen zwischen den Veranstaltern mit den unterschiedlich kooperierenden Partnern.

Jetzt wird die Vergabe von zwei Festen auch zu einem kleinen Bezirkspolitikum.

Die SPD Tempelhof-Schöneberg fragt unter dem Motto „Zwei Wein- und Winzerfeste sind zu viel!“ beim Bezirksamt an, warum zwei Feste zeitgleich in unmittelbarer Nähe genehmigt wurden. Die Fragen gehen um die Konkurrenzsituation und darum, ob bei der Genehmigung die Wirtschaftlichkeit der Feste berücksichtigt wurde.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Tempelhof-Schöneberg fragt sogar noch direkter: „Warum hat das Bezirksamt das Wein- und Winzerfest doppelt vergeben und damit gegen die eigenen Kriterien des Konzeptes verstoßen?“ Der Fraktionsvorsitzende Oltmann stellt fest, dass man nach der Ausschreibung und Vergabe des Weinfestes in der Bahnhofstraße es hätte damit „eigentlich bewenden lassen können.“

Weiter heißt es in der Presserklärung: „Doch stattdessen genehmigte Krüger (Anmerkung Redaktion: gemeint ist Bausstadtrat Daniel Krüger) der mit dem Bürgerforum rivalisierenden AG Bahnhofstraße ein zweites Winzerfest zur gleichen Zeit am nahe gelegenen Dorfteich. Der aber steht eigentlich unter Naturschutz, soll nur in besonderen Ausnahmefällen zum Schauplatz größerer Veranstaltungen werden.“ Weiter heißt es von Oltmann, dass es Krüger besser versucht hätte, die Konkurrenten an einen Tisch zu bringen. Abschließend heißt es: „Denn was wie eine Provinzposse anmutet, könnte rasch für alle Beteiligten zum finanziellen Desaster werden – und dann wären die Weinfeste in diesem September womöglich auf lange Zeit die letzten, die in Lichtenrade gefeiert wurden.“

Stadtrat Krüger verwundert über die Aufregung

Einleitend stellt Baustadtrat Daniel Krüger (CDU) fest, dass die Genehmigung von Straßenfesten durch die Straßenverkehrsbehörde erfolgt. Konkret heißt dies: für die Bahnhofstraße ist die „Verkehrslenkung Berlin (VLB)“ und für den Bereich um den Dorfteich die bezirkliche Straßenverkehrsbehörde zuständig.

Krügers Bau-Behörde prüft als sogenannter „Straßenbaulastträger“, ob den beantragten Nutzungen durch Veranstaltungen keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen stehen. „Diese Überprüfung erfolgt unabhängig des nun hier diskutierten Konzeptes," so Krüger.

Erstmalig entstand im Bezirk bei den Festen in Lichtenrade im Jahr 2012 die Situation, dass mehrere Veranstalter sich um die Durchführung beworben hatten. Für das Wein- und Winzerfest 2013 und für den Weihnachtsmarkt wurde im Losverfahren entschieden. Für das Weinfest erhielt Family & Friends und für den Weihnachtsmarkt der Veranstalter Joachim Jentsch den Zuschlag.

Im Februar 2014 wurde im Bezirksamt ein Konzept beschlossen, wie bei überschneidenden Anträgen zukünftig anhand von Kriterien eine Auswahl erfolgen kann. Zentral soll ein Veranstaltungskonzept stehen, dass technisch die Abläufe der Veranstaltung, aber auch inhaltlich den saisonalen oder regionalen Bezug herstellen soll. Somit stellt die Einbindung von örtlichen Vereinen und Initiativen ein zu berücksichtigendes Kriterium dar.

Das Bürgerforum hatte für das Weinfest 2014 ein überzeugendes Konzept vorgelegt und bekam nach Auswahl den Zuschlag für die Bahnhofstraße; jedoch noch keine Genehmigung! Diese erfolgt durch die VLB, so Krüger. Leider ergab sich danach die Situation, dass von der VLB keine abschließende Aussage zur Bausituation in der Bahnhofstraße zum Zeitpunkt der beantragten Veranstaltung abgegeben werden konnte. Neben den Mitwettbewerbern beantragte das Bürgerforum ersatzweise die Durchführung der Veranstaltung am Dorfteich. Da die Bauarbeiten, zumindest vorläufig, termingerecht beendet werden konnten, war die Entscheidung mit dem Weinfest in der Bahnhofstraße abgesichert.

Family & Friends beantragte die Durchführung des Weinfestes am Dorfteich und legte ebenfalls ein schlüssiges Konzept vor. Der Maientanz 2014 wurde von diesem Veranstalter auch schon am Dorfteich durchgeführt. Es gab keine Anwohnerbeschwerden und Schädigungen. Krüger: „Im Gegenteil, dass Fest erfuhr eine breite Unterstützung, wurde auch von verschiedenen örtlichen Initiativen und Vereinen getragen und insgesamt sehr positiv bewertet.“ Die Feste sind zudem getrennt und nicht für eine Straße oder für einen Straßenzug beantragt worden. Aus Sicht des Straßenbaulastträgers gab es keine rechtlichen Gründe zur Versagung der Genehmigung.

Für den Dorfteich gilt das Grünanlagengesetz, das auch uneingeschränkt Berücksichtigung findet, wie Daniel Krüger erläutert. Außerdem sieht er, dass die zwei Feste eine Chance für Lichtenrade sein können und nicht unbedingt miteinander zu vergleichen sind. Daniel Krüger: „Die Bahnhofstraße bildet eher eine vorstädtische Gebietskulisse ab, Alt-Lichtenrade ist durch seinen dörflichen Charakter geprägt.“

Für Daniel Krüger ist aber auch klar: „Das Konzept des Bezirksamtes muss sich der Praxis stellen.“ Er will die Erfahrungen abwarten und sieht das Konzept keinesfalls in Stein gemeißelt.

Krüger stellt eindeutig fest: „Ich bin kein Veranstaltungsstadtrat.“ Damit will er auch der Kritik zu begegnen, hier würden wirtschaftliche Folgen für die Veranstalter unberücksichtigt gelassen. „Die Verantwortung liegt beim Veranstalter, das wird auch zukünftig so bleiben,“ so Krüger.

Jedes Weinfest wird beschirmt

Wie schon seit Monaten bekannt ist, hat der Bundestagsabgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak (CDU) die Schirmherrschaft des Wein- und Winzerfestes am Dorfteich übernommen.

Jetzt wurde bekannt, dass die Schirmherrschaft für das Weinfest in der Bahnhofstraße die Stadträtin Dr. Sibyll Klotz (Bündnis 90/Die Grünen) übernommen hat.

Stadträtin erklärt Schirmherrschaft

Auf eine Winzeranfrage, die sich kritisch mit der „Konkurrenz-Veranstaltung des Neuveranstalters“ in der Bahnhofstraße auseinandersetze, erklärte Klotz kritisch: „Dieses Konzept enthält auch die Auflage, nicht zwei Feste am selben Ort zu veranstalten.“ Zu Ihrer Schirmherrschaft führt sie aus: „Der Bewerber, der das Fest an der Bahnhofstraße veranstaltet, hat vom Bezirksamt den Zuschlag erhalten und ist für sein Konzept ausdrücklich gelobt worden. Da ich Mitglied des Bezirksamtes bin, sehe ich kein Problem darin, dann auch für diesen qualitativ besten, vom Bezirksamt ausgewählten Bewerber die Schirmherrschaft zu übernehmen.“


In dieser Anfrage erklärt die Stadträtin: „Lassen Sie mich abschließend sagen, dass ich mir dringend eine Zusammenarbeit aller an einer für Lichtenrade guten Entwicklung Interessierten wünsche. Parteipolitische Motivationen sollten dahinter zurücktreten. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die für Lichtenrade bereits in Aussicht gestellten finanziellen Mittel nun auch nach Lichtenrade fließen zu lassen und sie sinnvoll im Sinne der Anwohner-/innen und Gewerbetreibenden einzusetzen. Destruktive Auseinandersetzungen will ich dabei vermeiden helfen und jede konstruktive Zusammenarbeit unterstützen. Dazu brauchen wir aber auch den gemeinsamen Willen aller vor Ort engagierten Initiativen. Das Bezirksamt - aber auch ich ganz persönlich - würde es sehr bedauern, wenn dies nicht gelingen sollte, habe ich mich doch in den letzten zwei Jahren sehr für eine positive Entwicklung im Süden unseres Bezirks eingesetzt.“

Der einsame Wunsch vom Kiezreporter

Diesen Äußerungen sollten sich alle (!) Beteiligten in Wort und Tat anschließen und es tatsächlich leben! Auch ich betone dies gebetsmühlenartig.

Die Lichtenrader verstehen das ganze Hickhack schon lange nicht mehr.

Ich sehe aber auch die verfahrene Situation, die mit sehr vielen persönlichen Kränkungen einherging. Jede Seite muss sich bewegen! Externe Mediation des Konfliktes scheint die einzige Chance zu sein. Voraussetzung ist sicher, dass alle Beteiligten zu Eingeständnissen bereit sind.

Thomas Moser (alle Fotos: Archiv Thomas Moser -BerLi-Press)


 

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