Wenn man das Haus von Familie Loth in Lichtenrade betritt, fühlt man sich wie in einem Museum oder gemütlichen Vereinsheim. Der Motorrad- und Motorbootrennfahrer Manfred Loth, der gerade 70 Jahre alt geworden ist, hat jede Menge Siegerurkunden und Pokale vorzuweisen, die er in seiner langen Karriere gewonnen hat.

In der Dachschräge des Einfamilienhauses hängt ein Himmel von Siegerkränzen und zeugt von vielen Siegen. Einen Teil der Trophäen hat Manfred Loth seinem Sponsor Castrol Deutschland, für eine Sammlung in Hamburg, überlassen.

Erfolge über Erfolge

Bis 1975 hat sich Manfred Loth rasend schnell auf den Rennmaschinen mit zwei Rädern fortbewegt. Danach hatte er bis 1989 große und spektakulärste Erfolge in seiner Rennbootkarriere.

Die Erfolgsgeschichte ging 1995 in das Guinnessbuch der Rekorde ein: zwölfmal Deutscher Meister (es wurden versehentlich nur 11 Titel erwähnt), fünfmal Europameister, dreimal Vize-Weltmeister, dreimal Weltmeister und als Punktbester europäischer Fahrer viermal die „Trophae Bussey“.


Dem Träger des ADAC-Sportabzeichens „Gold mit Brillanten“, der höchsten Auszeichnung des Automobil- und Motorsportclubs, wurde 1985 auch das „Silberne Lorbeerblatt“, die höchste Sportauszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, überreicht. Bei der Verleihung stand er direkt neben dem jugendlichen Tennisstar Boris Becker.

Wie alles begann

Aber der Reihe nach: Seine Liebe zu schnellen Sportarten wurde schon im Alter von 5 Jahren geweckt, als der kleine Manfred seinen Vater auf den Hockenheimring zu einem Motorradrennen begleiten durfte. Dort war sein Vater Streckenposten. Mit 16 Jahren frisierte Manfred dann sein erstes Motorrad. Damals wohnte er noch im schwäbischen Kirchheim/Teck, bevor er 1963 nach Berlin zog.

Seine Motorradkarriere startete der Zweitakter-Fan mit 20 Jahren. Beim Steglitzer Motorsportclub ist er an das Rennfahrerleben herangeführt worden.

Das schnelle Motorradfahren konnte er in West-Berlin offiziell gar nicht üben. Die damalige Insellage der geteilten Stadt ließ nicht das Ausweichen ins Umland zu, denn man musste immer erst die Transitstrecke bewältigen: „Eine Übungsstrecke gab es damals in West-Berlin nicht.“

In seinen Anfängen hat er manchmal mit seinem lauten Motorrad in Spandau am Johannisstift geübt. Die dort an der Grenze arbeiteten Zöllner von der Westseite drückten so manches Mal die Augen zu.

Im Jahr 1964 hatte der jugendliche Zweiradfan Manfred, kurz vor seinem 21. Geburtstag, sein erstes AVUS-Rennen. Um am Rennen teilzunehmen, brauchte er noch die Einwilligung der Eltern. Zu dieser Zeit setzte die Volljährigkeit erst mit 21 Jahren ein. Mit einem Augenzwinkern erzählt Manfred Loth: „Ich konnte die Unterschrift meines Vaters besser als mein Vater!“

Erst wurde er Vater und dann ging zur letzten Runde in die AVUS-Steilkurve

Wie der schnelle Berliner erzählt, ist der 10. September 1967 immer noch etwas ganz Besonderes für ihn. Der eher bescheiden wirkende Manfred Loth zeigt dann ganz stolz den Siegerpokal seines Lebens. Damals war er knapp 24 Jahre. Für Loth, der in seiner Karriere viele hochkarätige Ehrungen und Titel eingeheimst hat, wird dieser Tag unvergesslich bleiben. Morgens wurde sein Sohn Matthias geboren, was ja schon einmalig war. Aber nur wenige Stunden später raste Manfred Loth durch die AVUS-Steilkurve. „An diesem Tag stimmte alles“, erzählt der in sich ruhende Loth begeistert. Bis dahin war er meistens nur 6ter oder 7ter in den Rennen. Aber an diesem Tag war er besonders motiviert, berichtet der rüstige Rentner.

Die Rahmenbedingungen waren an diesem besonderen Renntag für Motorradfahrer sogar äußerst schlecht, denn es war Schmuddelwetter. Die Feuchtigkeit auf der AVUS-Strecke kann man auf den Schwarz-Weiß-Fotos gut erkennen. Manfred Loth stieg auf seine 125er Bultaco und dann ging es mit 18 PS los.

Die AVUS, sonst eine normale Autobahn, wurde zweimal im Jahr für Rennen freigegeben. Die überhöhte Nordkurve war am Ende der Autobahn, wo Besucher von den Tribünen das Renngeschehen verfolgen konnten. Gleich dahinter reckt sich der Funkturm in die Höhe, der heimkommenden West-Berliner Reisenden, besonders in den Zeiten der geteilten Stadt, ein Berlin-Gefühl vermittelte.

Die Fotos zeigen die Backsteine in der Steilwand-Kurve, in der viele, teils tödliche, Unfälle passierten: „In den Fugen war Gras und Moos und es war schon sehr gefährlich!“ Aber Angst kennt Manfred Loth in seinem Leben nach wie vor nicht, wie er glaubhaft versichert: „Außerdem war ich jung und ehrgeizig!“ Mit über 200 km/h raste Loth über die Strecke und gewann sein erstes Rennen. Diesen spektakulärsten Erfolg verfolgten rund 30.000 Schlachtenbummler am Rand der Berliner Rennstrecke. Manfred Loth ist besonders stolz darauf, dass er als erster Berliner ein Motorradrennen auf der AVUS gewonnen hat. Sein Sieg ging dann auch in die Geschichtsbücher ein, weil ein Tag später die gefährliche Klinkerstein-Steilwandkurve abgerissen und der Streckenabschnitt entschärft wurde.


Die einst verkaufte Siegermaschine hat sich der ehemalige Rennfahrer vor Jahren zurückgekauft und wieder technisch fit gemacht. Das Siegermotorrad steht als Prachtstück in seinem Dachboden-Museum. Für das Foto klettert Manne Loth, trotz aktueller Knieprobleme, auf sein Lieblingsstück. Dem 125er Motorrad folgte 1968 eine 250er Bultaco-Rennmaschine. Aber 1971 fuhr er dann in der 250er und 350er Klasse mit Yamaha und errang jede Menge Siege.

Viele andere Maschinen, die er wieder aufgebaut hatte, hat er mittlerweile seiner Frau zu Liebe abgegeben. An seinen vielen Motorrädern hat er immer gerne selbst rumgeschraubt.

Während seiner Motorradkarriere startete der schnelle Berliner bei vielen internationalen Rennen und war jährlich bei rund 30 Veranstaltungen, oft erfolgreich, dabei.

Rennboote waren die neue Leidenschaft

Zu den Rennbooten kam Manfred Loth durch den bekannten Bootsmotorenhersteller Dieter König. Nachdem Loth einen sogenannten „Proprider“ testen durfte, war seine neue Leidenschaft geweckt: „Mit 150 Sachen mit der Nasenspitze über die Wasserfläche, da kann von Langeweile keine Rede sein“. Da Manfred Loth im Alter von 32 Jahren kaum noch eine Chance gesehen hat, als Werksfahrer Motorrad zu fahren, kam der neue Sport für den talentierten und mutigen Mann gerade rechtzeitig. Er zeigt die Fotos von den Rennen: „Bei Vollgas gleitet man auf dem Luftpolster über das Wasser. Nur der Propeller und die Stabilisierungsflosse sind noch im Wasser.“ Für die filigrane Kunst, diese Rennraketen zu beherrschen, war seine Motorraderfahrung sehr hilfreich. Sein Erfolgsrezept: „Ich hatte immer ein gutes Gefühl für Geschwindigkeit, Weg und Zeit.“ Was für den normalen Betrachter von Rennen nicht vorstellbar ist, hat Loth für sich immer „nur“ als kalkulierbares Risiko eingestuft.

Gerne erinnert sich Manfred Loth, der in den verschiedensten Klassen Rennen fuhr, an seine vielen Reisen innerhalb von Europa, nach Amerika, Afrika und Russland zurück. Seine immerhin über 2.000 Trophäen zeugen von den weiten Reisen und den vielen Erfolgen. Von den Unfällen in seiner Sportlerkarriere will Loth am Liebsten nicht so viel erzählen.

Seine Rennleidenschaft hat Manfred Loth nebenberuflich durchgeführt, sonst hätte er sich die teuren „Hobbys“ gar nicht leisten können. Als Gas- und Wasser-Installateur hatte er einen verständnisvollen Chef, der im Gegenzug mit den Erfolgen von Loth bei seinen Geschäftspartner punkten konnte. Aber auch die Sponsoren, die er mit den Erfolgen fand, waren für die Finanzierung der Lothschen Leidenschaft notwendig.

Nach insgesamt 28 Jahren Rennsport, Motorrad und Motorboot, beendete der „sympathische Vollgaspilot“ 1989 seine Sportlerkarriere.

Motorrad und Bundestag

Nach seiner Rennfahrerkarriere hat Manfred Loth von 1999 bis 2011 in der Motorsportgruppe beim Bundestag eine Gruppe geleitet. Er wurde als erfolgreicher Motorsportler gefragt ob er Interesse hätte und sagte auch gleich zu. Er denkt gern an die Jahre zurück, wo er viele interessante Persönlichkeiten aus der Politik kennengelernt hat. Besonders gerne erinnert er sich an den verstorbenen SPD-Politiker Peter Struck, der leidenschaftlicher Motorradfahrer war. Mit über 200 Personen ging es zu den unterschiedlichsten Zielen und Loth erzählt von den aufwendigen Vorbereitungen im Sicherheitsbereich: „Wir haben selbst erst kurz vor der Fahrt die Route überreicht bekommen.“ In der Motorradgruppe hat Manfred Loth viele Freunde gefunden.

Sein Leben: Sport und der besondere Kick

Wenn man Manfred Loth als ein bisschen „verrückt“ bezeichnet, nimmt er es einem nicht übel: „Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, mache ich es auch!“ So springt er heute immer noch gerne beim Tandem-Fallschirmsprung mit und wundert sich nur, wenn andere kurz vor dem Absprung nervös werden. „Das ist doch ein Kick, wenn man paar tausend Meter im freien Fall unterwegs ist. Es ist alles nur eine Kopfsache“ analysiert Manfred Loth sachlich seine Angstlosigkeit, die fast schon übermenschlich wirkt.

Auch der Kilimandscharo war vor Loth nicht sicher: Mit fast 6.000 Meter hat er das höchste Bergmassiv in Afrika erklommen.

Jetzt hält sich der gut trainierte Manfred Loth dadurch fit, dass er sehr viele lange Radtouren, mit meistens 120 Kilometern am Tag, in und um Berlin bewältigt.

Dadurch paßt der drahtige Sportler heute noch in seine alten Lederkombis, die im privaten „Museum“ hängen.

Bei der Lichtenrader Meile hat er oft als Walker mitgemacht und 2013 auch gesiegt. Gewinnen will Manfred Loth möglichst schon!

Manfred Loth und seine Frau wohnen seit 38 Jahren im ruhigen Lichtenrade, direkt am Stadtrand. In seinem Leben braucht Loth aber nicht nur beschauliche Ruhe, sondern auch immer wieder Herausforderungen. Man spürt, dass seine Frau Helga die schnellen Vorlieben ihres Mannes nicht immer nur mit Entspannung verfolgen konnte. So ist sie nicht gerne auf dem Motorrad mitgefahren. Sie weiß jedoch auch, dass ihr Manfred, der sich manchmal noch ein Motorrad ausleiht, zum Glücklichsein immer auch ein Stück seiner ganz eigenen sportlichen Freiheit braucht.

Wenn wir Manfred Loth „Hals- und Beinbruch“ wünschen, wünschen wir ihm natürlich genau das Gegenteil!

Thomas Moser



Alle Fotos Thomas Moser


 

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