Die Lichtenraderinnen und Lichtenrader haben es mal wieder gezeigt, dass sie keine Mauer durch Lichtenrade wollen. Am 12. September 2016 demonstrierten circa 800 Menschen vor der Salvatorkirche auf dem Pfarrer-Lütkehaus-Platz gegen die Pläne der Bahn, dass die Züge ebenerdig durch Lichtenrade fahren sollen.


19 Jahre wehrt sich nun Lichtenrade, fast wie ein kleines gallisches Dorf, gegen die Pläne der Bahn. So klein ist der Ortsteil mit über 50.000 Einwohnern schon längst nicht mehr. Die Bürgerinitiative Lichtenrade Dresdner Bahn möchte für die Dresdner Bahn einen Tunnel möglichst im Schildvortrieb.

Der Vorsitzende der BI Manfred Beck sagt ganz klar: „Das ist die umweltfreundlichste und menschenfreundlichste Bauweise.“ Beck begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstration und auch die Politikerinnen und Politiker der verschiedensten Parteien, die aber ganz bewusst an dieser Stelle keine Redeplattform bekommen sollten. Manfred Beck erläutert den jahrelangen Kampf der BI. Nach dem Planfeststellungsbeschluss vom Eisenbahnbundesamt wurden nun verschiedene Klagen beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, die von der Bürgerinitiative unterstützt werden. Dafür hat die BI ihre Rücklagen innerhalb kürzester Zeit von 50.000 Euro auf 100.000 Euro aufgestockt und ist somit gerüstet die Verfahrens-, Anwalts- und Gutachterkosten zu bezahlen. Für Manfred Beck ist klar, dass die Bahn in Lichtenrade den Tunnel nicht bauen will, weil sie damit eine präjudizierende Entscheidung für andere Bauvorhaben treffen würde und auch in anderen Gegenden dann ein Tunnel gefordert werden würde. In der Lichtenrader Internetzeitung wurde in den verschiedensten Berichten die aktuelle Situation geschildert (siehe auch Link am Ende des Berichtes).


Die BI wird von vielen Vereinen und Initiativen unterstützt. So auch von der Arbeitsgemeinschaft Verkehr im Gebietsgremium des Aktiven Zentrum Lichtenrade Bahnhofstraße, wo man sich gemeinsam mit der Zukunft der Bahnhofstraße beschäftigt. „Gerade ist die Bahnhofstraße im Rahmen des Städtebauförderprogramms ‚Aktive Zentren‘ mit Fördermitteln von rund 20 Mio. Euro in den nächsten 8 Jahren ausgestattet worden, da werden alle Bemühungen um eine Aufwertung der Lichtenrader Einkaufsstraße als Stadtteilzentrum konterkariert“, sind sich Rainer Welz und Volker Mönch aus dem Gebietsgremium einig.

Für die Händler brachte als zweiter Redner Markus Bansin die äußerst schwierige Lage auf den Punkt: „Verschiedene Händler werden hier in Lichtenrade ihre Existenz verlieren.“


Die Plakatwand wurde errichtet von Gerhard Quiring, Helmuth Schröter und Bernd von Lonski (Foto: S. Zeeck)
Um die künftige Situation mit den Schallschutzwänden auch erlebbar zu machen, hat die Arbeitsgruppe Verkehr vom Gebietsgremium aus privaten Mitteln eine Schallschutzwandattrappe in Form einer Plakat-Infowand auf dem Gelände der Kirche aufstellen lassen. Sie ist 5 Meter hoch und soll das massive Erscheinungsbild der Lärmschutzwand verdeutlichen. In Realität wird sie jedoch bis zu 7 Meter hoch werden und rund 2,5 Kilometer durch Lichtenrade geführt werden. An dieser Stelle durfte aus baurechtlichen Gründen jedoch nur eine kleinere Wand aufgestellt werden. Auf der Wand wird unter dem Motto „Höher als die Berliner Mauer je war: Die Lärmschutzmauern der Dresdner Bahn!“ über die Auswirkungen informiert.


Die BI sieht ein dauerhaftes Chaos am Bahnhof mit vielen Belastungen und Einschränkungen voraus. So wird beim Umbau die Bahnhofstraße mindestens 4 ½ Jahre gesperrt, was für die Bewohner eine massive Beeinträchtigung sein wird. Nach den Umbaumaßnahmen wird der Übergang an der Wolziger Zeile dauerhaft für den PKW-Verkehr gesperrt werden. Es werden sich ganz andere Verkehrsströme durch Lichtenrade entwickeln und damit neue erhebliche Belastungen erwartet.

Alle Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg haben sich für die Tunnellösung ausgesprochen. Im letzten, noch aktuellen Koalitionsvertrag von SPD und CDU im Land Berlin sprach man sich auch für die Tunnellösung durch Lichtenrade, unter Berücksichtigung des entsprechenden Landesanteils, aus.

Eine Demonstration die zumindest gezeigt hat, dass die Lichtenrader auch nach fast 20 Jahren noch nicht eingeschlafen sind!

Viele Politikerinnen und Politiker von Bund, Land und Bezirk besuchten die Demonstration und wollten damit ihre Unterstützung der Forderungen zum Ausdruck bringen. Folgend einige Stellungnahmen:



Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD-Foto lks. mit Melanie Kühnemann) tritt auch wieder als Kandidatin an:
"Als SPD-Bezirksbürgermeisterin unterstütze ich sehr die Tunnellösung für die Bahn. Herr Beck hat es auf den Punkt gebracht als er auf der Demo sagte, dass die Bahn die Tunnellösung nur ablehnt weil sie einen Präzedenzfall befürchtet. Deshalb ist die Klage der Bürgerinitiative so wichtig, denn nur so kann die Bahn zum Umdenken gezwungen werden. Am Sonnabend auf dem Wein- und Winzerfest hat auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller sich eindeutig positioniert und erneut darauf hingewiesen, dass das Land Berlin die Ko-Finanzierung immer noch bereitstellt. Nun ist die Bahn an der Reihe einzulenken."


Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Florian Graf:
"Als Vorsitzender der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin habe ich in den letzten Jahren mehrfach gegenüber dem Senat angeregt und gefordert, den Anteil des Landes Berlin an Mehrkosten für eine Tunnellösung bei der Dresdner Bahn konkret in die Finanzplanung des Landes Berlin aufzunehmen. Dies wäre ein wichtiges und klares Bekenntnis gegenüber dem Bund gewesen, das der Regierende Bürgermeister Müller (SPD) leider verweigert hat. Für die CDU bleibt es dabei, dass wir uns auch bei künftigen Koalitionsverhandlungen für eine politische Lösung - auch unter Bereitstellung der finanziellen Mittel - im Sinne einer Tunnellösung für Lichtenrade einsetzen werden. Bis dahin unterstützen wir die BI Dresdner Bahn bei ihrer Klage."


Der Bürgermeisterkandidat für Tempelhof-Schöneberg von Bündnis 90/Die Grünen Jörn Oltmann
zur Demonstration: „Ich war beeindruckt, wie zahlreich die Lichtenraderinnen und Lichtenrader auch nach 19 Jahren noch immer mit aller Kraft gegen die Zerschneidung Ihres Stadtteils kämpfen. Für uns GRÜNE ist wichtig, dass eine neue Regierung von Berlin die letzte Chance ergreift und mit einem Finanzierungsangebot an das Bundesverkehrsministerium eine Bahntunnellösung überhaupt erst ermöglicht. In diesem Szenario ist alles möglich, auch dass eine Landesregierung scheitert, aber sie sollte es wenigstens offen und ehrlich versuchen.“

Zu dem Wahlaufruf von Herrn Beck (BI Dresdner Bahn) am kommenden Sonntag nur bestimmte Parteien zu wählen, sagte Jörn Oltmann: „Die Lichtenraderinnen und Lichtenrader haben auf die Wahlempfehlung von Herrn Beck ja die passende Antwort mit lauten Pfiffen gefunden. Ich würde mich freuen, wenn der Vorsitzende dem überparteilichen Anspruch der Bürgerinitiative zukünftig wieder gerecht würde.“


Hildegard Bentele

Jutta Kaddatz


Gesichtet wurden bei der Demonstration von politischer Seite, ohne Anspruch auf Vollständigkeit,
der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus Florian Graf, die Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg Angelika Schöttler (SPD), die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin Jutta Kaddatz (CDU), Stadtrat Daniel Krüger (CDU); die Direktkandiat_innen für Lichtenrade im Abgeordnetenhaus: Melanie Kühnemann (SPD), Hildergard Bentele (CDU) und Heinz Jirout (Bündnis 90/Die Grünen); Bezirksverordnete, die auch weiterhin im Bezirk mitreden wollen: Jörn Oltmann und Ulrich Hauschild (beide Bündnis 90/Die Grünen), Hagen Kliem und Patrick Liesener (beide CDU). Sicher waren noch weitere politische Vertreterinnen und Vertreter unter den Demonstranten. Die Bürgerinnen und Bürger zeigten ihre Skepsis gegenüber der Politik auf verschiedenen Plakaten. Nach der Wahl haben alle Gewählten in ihren künftigen Funktionen die Chance den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, dass man die Anliegen ernst nimmt und tatkräftig unterstützt.

Thomas Moser

Bericht Lichtenrader Internetzeitung (11. März 2016) nach Einleitung des Klageverfahrens: http://weblog.lichtenrade-berlin.de/archive/2016/03/11/dresdner-bahn--zwei-klagen-gegen-planfeststellungsbeschluss.htm







Alle Fotos Thomas Moser (sofern nicht extra gekennzeichnet)


 

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