6. Mai 2017 Fünf Stunden am Samstag an einer sogenannte Szenarien-Werkstatt „Verkehrs- und Gestaltungskonzept Bahnhofstraße Lichtenrade“ teilnehmen ist nur für die ganz engagierten Bürgerinnen und Bürger etwas. Im Rahmen des Aktiven Zentrum Bahnhofstraße wurde in das Ulrich-von-Hutten-Gymnasium eingeladen, um beim Verkehrs- und Gestaltungskonzept der Einkaufsstraße ein großes Stück weiterzukommen.

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Christiane Heiß beim Eingangsstatement.

Sabine Slapa von "die raumplaner" von AZ Lichtenrade Bahnhofsstraße moderiert.

Vom beauftragten Büro „die raumplaner“ moderierte Sabine Slapa die Veranstaltung. Als Bezirksamtsvertreterin begleitete die Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt Christiane Heiß (Bündnis 90/Grüne) die Veranstaltung, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und fasste am Schluss ihre Eindrücke zusammen.

Circa 75 Lichtenrader und Vertreterinnen der verschiedensten Vereine und Institutionen kamen zu der Veranstaltung. Von der Bundespolitik war der Lichtenrader Bundestagsabgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak (CDU) ganztägig an den Diskussionen aktiv beteiligt. Neben Vertretern aus der BVV Tempelhof-Schöneberg war auch die CDU-Abgeordnete aus dem Berliner Abgeordnetenhaus Hildegard Bentele dabei.

Um es vorweg zu nehmen. Ein Konzept mit gesonderten Radstreifen in beide Richtungen, direkt an der Kfz-Fahrbahn, wurde favorisiert.Ein angedachtes Einbahnstraßenkonzept wird zwar noch weiter erörtert, scheint aber nicht mehr in die engere Auswahl zu kommen. Parkplätze werden auf beiden Seiten zwischen den teils verbreiterten Gehwegen und den neuen Radstreifen längs der Straße angeordnet. Ein offensichtlicher Kompromiss, der die verschiedensten Interessen zu berücksichtigt versucht. Bei dieser bevorzugten Lösung würden die Autos zum Parken die Radstreifen überqueren müssen.

An diesem bevorzugten Konzept wird jetzt noch weitergearbeitet. Für den Juli 2017 ist eine öffentliche Abschlussveranstaltung geplant. Aber dieses Konzept ist dann immer noch längst nicht umgesetzt, denn danach wird für die Objektplanung/Projektsteuerung europaweit eine Ausschreibung stattfinden. In diesem Rahmen werden dann erst konkrete Abstimmungen beispielweise mit der BVG und mit allen Verantwortlichen für die Leitungsnetze erfolgen. Bevor also der erste Stein bewegt wird, wird sicher noch eine ganze Zeit vergehen. Im Rahmen des Aktiven Zentrums stehen innerhalb von acht Jahren über 20 Millionen Euro zur Verfügung.

Was ist denn bislang passiert?

Im November 2016 wurden die beauftragten Büros für das Verkehrs- und Gestaltungskonzept im Gebietsgremium vorgestellt. Die Büros „IVAS“ und „Rehwaldt Landschaftsarchitekten“ wurden und werden von Martin Schüffler und Angela Aurin vertreten. Die beauftragten Büros wurden unter Berücksichtigung des jeweiligen Diskussionsstandes schon konkret tätig. Nach einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Januar 2017, einem Zusammentreffen mit Vertretern des Gebietsgremiums, des Bezirksamtes, von zwei Senatsverwaltungen und der DB Netz im Februar 2017, einer Begehung des Straßenraums mit Vertretern des bezirklichen Beirates von und für Menschen mit Behinderung und des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin im März 2017 und einer Zukunftswerkstatt mit dem Gebietsgremium ebenfalls im März, stand nun die Szenarien-Werkstatt Anfang Mai an.
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In der Februarsitzung der AG Verkehr des Gebietsgremiums mit den anderen Institutionen wurden bereits die Themenfeldziele für die Bereiche Barrierefreiheit/Fußverkehr, Lieferverkehr, Gestaltung öffentlicher Raum, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Radverkehr, Kfz-Verkehr und ruhender Verkehr erarbeitet und abgestimmt, damit die unterschiedlichen Interessenlagen deutlich werden.

Szenarien-Werkstatt: Was fand da statt?

Als Erstes erörterte Martin Schüffler von IVAS die grundsätzlichen Aspekte der Planung.

Für den größten Teil der Bahnhofstraße hatte man bei den Ideen für eine mögliche Umgestaltung „freie Hand“. Nur für den Bereich an der Bahn, bis zur Stein- bzw. Briesingstraße, konnten nur Gestaltungsaspekte eingebracht werden, zumal hier noch im Juni das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht zur Dresdner Bahn erwartet wird. Themen, die bei den Szenarien hauptsächlich erörtert wurden, waren die Aufteilung des Straßenraums für alle Verkehrsteilnehmer, die Gestaltung der Nebenflächen und die Verbesserung der Überquerungsmöglichkeiten der Bahnhofstraße. Die Erarbeitung der unterschiedlichen Szenarien sollte dazu dienen, dass in unterschiedliche Richtungen gedacht werden kann und eine Gewichtung nach den verschiedenen Kriterien möglich wird. Die Varianten sind aber keinesfalls abgeschlossen, weil im Nachgang noch intensive Abstimmungen mit anderen Beteiligten notwendig werden.

Drei Szenarien kamen in die engere Auswahl

Es wurden sechs Szenarien erarbeitet, die im Einzelnen im Internet in Kürze nachzulesen sein werden. Von diesen Szenarien, die kurz skizziert wurden, kamen drei in die engere Auswahl. Über diese Auswahl wurde im Rahmen von zwei sogenannten Wordcafés in kleineren Gruppen diskutiert. Die drei Szenarien sind wie folgt zu skizzieren:


Szenarion Radstreifen mit Abstrichen

Szenarion Einbahnstraße mit sogenannter Umweltspur.

Radweg-Variante
Ein Szenario mit Radfahrstreifen „mit Abstrichen“, wie bereits einleitend schon genannt, eine weitere Planung als Einbahnstraße mit einer Umweltspur (Busspur in der anderen Richtung) und eine Überlegung mit einem Radweg direkt neben bzw. auf dem Gehweg (teils aus baulichen Gründen mit Verschwenkungen auf die Fahrbahn).

Ein Radfahrstreifen auf der Fahrbahnmuss benutzt werden, bei den Radwegen auf dem Gehsteig ist die Nutzung in der Regel nicht zwingend.

Beim Einbahnstraßen-Szenario würden Busse auch in die Gegenrichtung fahren; diese Gegenspur kann ebenfalls von Fahrradfahren genutzt werden. Der Hauptfluss der Einbahnstraße war für die Richtung von der Goltzstraße zum S-Bahnhof (Briesing-/Steinstraße) gedacht. In diese Hauptrichtung war ebenfalls eine gesonderte Fahrradspur geplant. Bei dieser Variante würden die meisten Parkplätze wegfallen, weil dann nur einseitig geparkt werden könnte. Diese Version sahen jedoch auch die Einbahnstraßen-Befürworter eher skeptisch, weil dies -im Gegensatz zu einer echten Einbahnstraßenlösung- die massive Einschränkung des Parkraums zur Folge hätte.

Bei den Einbahnstraßenüberlegungen wurden die Belastungen für die Bewohner an den Nebenstrecken erörtert. Ein Argument kam immer wieder, dass nach der geplanten Schließung des Überganges in der Wolziger Zeile die Zufahrt zur Bahnhofstraße für die westlich der Bahn wohnenden Anwohner nur mit erheblichen Umwegen möglich wäre.

Eine Idee, die Einbahnstraßenvariante und die Auswirkungen im Rahmen eines Gutachtens näher untersuchen zu lassen, wurde von Stadträtin Heiß nicht aufgegriffen und eher skeptisch angesehen, zumal dann erhebliche Zeitverzögerungen zu erwarten wären. Sie sagte jedoch zu, dass sie diesen Aspekt in Gesprächen mit Senatsverwaltungen einbringen wird.

Verlust von Parkraum, Bäumen und Überlegungen zur Gestaltung

Die Fahrbahn-Radstreifenvariante und die Einbahnstraßenvariante würden die Bäume erhalten. Bei der Radwegvariante auf dem Gehsteig würde 13 Bäume betroffen sein. Von den zurzeit circa 180 Parkplätzen würden bei dem Radstreifen 40 wegfallen, bei dem Radweg auf dem Gehweg 60 und bei der vorgeschlagenen Einbahnstraßenidee sogar 110 Parkplätze wegfallen. Bei allen Varianten würden die Autos nicht mehr quer sondern längs zur Fahrbahn parken. Neue andere Parkplatzmöglichkeiten sind noch nicht weitergedacht worden.




Dr. Jan-Marco Luczak (MdB) -Fotos Mitte- diskutierte mit; links BVV-Mitglied Patrick Liesener (CDU).


Einig scheint man sich darüber zu sein, dass es hauptsächlich um die Aufenthaltsqualität in der Bahnhofstraße geht und möglichst der Verkehr außen vorbleiben sollte. Aber auch die Parksituation für Geschäftsleute und Ärzte ist ein wichtiger Aspekt. Zukunftsideen mit weitergedachter moderner Elektromobilität, die von Vertretern im Vorfeld eingebracht wurde, fand nur kurz Erwähnung.

Für Stadträtin Heiß sind dies alles Aspekte, die über eine Pilotphase noch nicht rausgehen und darum die Stärkung und Berücksichtigung des ÖPNV ein wichtiger Aspekt bleiben muss.

Beim zweiten Abschnitt der Veranstaltung ging es um die Gestaltung der sogenannten Seitenräume (von Hauskante bis Fahrbahn) und der Platzräume.


Bei den Platzräumen wurden räumliche Reserven von größeren und kleineren Platzräumen identifiziert, um die Aufenthaltsqualität mit verschiedenen Maßnahmen erhöhen zu können. Dazu können Sitzgelegenheiten, Wasserspender und Brunnen gehören. Das Gestaltungskonzept trug Angela Aurin von „Rehwaldt Landschaftsarchitekten“ vor.



Zu den Plätzen gehört beispielsweise der Bereich am Lichtenrader Graben, der östlich der Ladenzeile neben Netto sichtbarer gestaltet werden könnte. Zum Gestaltungskonzept gehören auch die Schließungen von Baumreihen, besondere Bepflasterungen (sogenannte Aufpflasterungen) bei den Eingangssituationen der Bahnhofstraße und beim Übergang zu den Nebenstraßen. Diese Maßnahmen erhielten eine breite Zustimmung mit dem Wunsch verbunden, dass die Nebenstraßen noch vermehrt einbezogen werden sollten.

Der Ausbau von Ampelanlagen wurde in den Diskussionen, außen bei den Schulen, eher als skeptisch eingestuft. Teilweise könne man sich den Rückbau von Ampeln vorstellen und dafür eher Bedarfsampeln, aber auch Zebrastreifen und Mittelinseln vorstellen. Die Ampeln schienen eher als Maßnahme für den Kfz-Verkehr angesehen zu werden. Die Verkehrsplaner gaben aber deutlich ihre Skepsis bei Zebrastreifen zum Ausdruck, was von der Mehrheit der Anwesenden jedoch nicht geteilt wurde
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Intensive Diskussionen und ein Stimmungsbild

In den Diskussionsrunden wurde sehr ausführlich diskutiert. In der ersten Runde war die Einbeziehung aller Gesprächsteilnehmer eher schwierig. In der zweiten Runde, nach der Pause, waren die Beteiligungsmöglichkeiten besser. Überlegungen und diskutierte Aspekte waren zum Beispiel, dass teilweise private Grundstücksteile aufgekauft werden müssten. Sichere Überquerungsmöglichkeiten, besonders an der Einmündung Goltzstraße, bei der Post und an der Steinstraße wurden diskutiert und als wichtig angesehen. Für die Steinstraße wird die Aufwertung durch die Wiederbelebung des Areals der Alten Mälzerei und vom ehemaligen Haus Buhr erwartet.

Für Bezirksstadträtin Christiane Heiß ist ein Attraktivitätsschub für die Bahnhofstraße wichtig. Für sie sind gleichberechtigte Angebote notwendig, die letztlich immer ein Kompromiss sein werden. Bei dieser Stärkung des „Uns“ sieht sie das Gemeinsame von Anwohnern, Geschäften und der Nahversorgung. Als das eindeutig bevorzugte Szenario stellt sie die eingangs in diesem Bericht genannte Überlegung mit den Radstreifen an der Fahrbahn heraus, wobei sie die Einbahnstraßenvariante noch mit Experten erörtern will.

Christiane Heiß bedankt sich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern und bei allen am Prozess beteiligten Akteuren.

Thomas Moser (auch alle Fotos)


 

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